AIV Glocksee - 2010

Der ORT: Das Zusammentreffen von zwei bedeutenden Flüssen, das Aneinanderreiben von drei verschiedenen Stadteilen und Stadtbezirken: Stärken, Defizite, Potentiale.

Das MITTEL: Wie eine rahmende Klammer legt sich über Stadteile + Flüsse ein großes offenes Quadrat, das diese in einem gemeinsamen Freiraum aufleben lässt.
Aus der prägnanten Blockstruktur von Linden-Nord entwickelt, den bestehenden Freiraum der Fährmannswiese aufgreifend, dieses Dreieck aus Bebauung und Fluss mit dem üstra-Areal zum Quadrat vervollständigt.

Die KANTEN: Bebauung und Raumgrün begrenzen und markieren weithin erlebbar den quadratischen, offenen FREIraum, der wiederum wie eingestanzt an seinen Kanten abrupte, spannungsreiche Brüche zwischen Dichte und Weite verursacht.

Die BEBAUUNG: Die heterogenen Blockstrukturen der Calenberger Neustadt werden in ihrer unregelmäßigen Charakteristik für eine Neubebauung des üstra-Areals zu Grunde gelegt, bilden aber mit zunehmender Entfernung zur Altbebauung eigene, offenere Grundformen. Das Freiraumquadrat beschneidet diese neuen Strukturen und erhält hier zugleich eine klare räumlich-städtische Kante. Auch auf der Lindener Seite lässt sich die vorhandene Bebauung noch zu einer prägnanteren Raumkante des Quadrates ergänzen. Als vorhandene Baukörper im Gebiet werden ein gründerzeitliches Wohngebäude an der Ihme und die Wohnungen der Wagnerschen Stiftung integriert. Die älteren Betriebswerkstätten an der Wilhelmstraße mit ihren markanten Halbtonnendächern, erfahren eine Umnutzung z.B. als (Öko-) Markthalle.
Ein höherer Gebäudekomplex im Süden setzt an der Spinnereistraße die städtebauliche Kante der Königsworther Straße fort, bildet ein markantes Ende und bietet zugleich einen Schutz der rückwärtigen Bebauung, insbesondere vor dem Verkehrslärm. Die geplante Blockrandstruktur dient der Schaffung von beruhigten, privaten Innenhöfen.

Die VEGETATION: Die bereits heute stellenweise üppige Baum- und Strauchvegetation entlang von Ihme und Leine wird zum Quadrat hin verdichtet und als waldartiges Blätterdach über Rad- und Gehwege gezogen. An den Kanten des Quadrates endet die raumwirksame Vegetation abrupt und ein großer urbaner Freiraum, mit begeh- und erlebbaren Ufern öffnet sich. Nur wenige markante Einzelbäume und Baumgruppen bleiben als eingestreute Elemente in der großen Freifläche erhalten bzw. werden gezielt neu platziert.

Die FLÄCHENNUTZUNGEN

PLATZ: In die z.B. als Markthalle und zur Nahversorgung umgenutzten, um Gastronomie und Cafés ergänzten alten Betriebswerkstätten an der Wilhelmstraße schneidet der große Platz ein, der dort zugleich als Marktplatz dient. Ein großer städtischer Platz fehlt bislang in allen drei Stadtteilen und steht hier als gemeinsam zu nutzende urbane / soziale Interaktionszone (als Bühne, Veranstaltungsort, Aufenthaltsort etc.) zur Verfügung. Neben einigen, der Schienenausrichtung/-breite folgenden, starren Raumelementen (z.B. Wasserbecken, Pflanzstreifen, Boulespielflächen, Sitzgelegenheiten etc.) beleben und gliedern auf den alten Straßenbahnschienen verschiebbare Elemente die Fläche mit ihrem Original-Kopfsteinpflaster. So lässt sich der Platz interaktiv bespielen, inszenieren und ganz flexibel nutzen, bei Bedarf auch in voller Größe.

SAND-STRAND: An den Zusammenfluss von Leine und Ihme gelangt man über ein großzügiges, langsam abfallendes Sandstrandfeld. Die Spitze ragt als eine sich langsam aus dem Uferrand entwickelnde massive Bastion in die Mündung. Eine Gastrostation bereichert das Strandleben, erhalten bleibende, prägnante Baumgruppen spenden Schatten.

SPORT-ECK: Im sportbetonten Feld (direkt am Uni-Sportzentrum) auf der gegenüberliegenden Leineseite findet sich eine Kletterwand als bauliche Eckrahmung des Quadrates und gleichzeitige Lärmschutzwand zum Bremer Damm. Angedacht ist zudem eine Flussbadestelle mit Liegewiese. Mit wenigen Schwimmzügen ist das Sandstrandfeld auf der Calenberger Seite erreichbar. Als direkte und trockenere Verbindung steht ein muskelkraftbetriebenes Floß zur Verfügung, das entlang der nördlichen Quadratkante vom Steg des Rudervereins ablegt.

CHILL-OUT-WIESE: Die bestehenden Qualitäten des Freiraums „Fährmannswiese“ bleiben erhalten und werden verstärkt. Durch die zentrale Wegeverbindung wird ein, dem Faustgelände zuzuordnender, Bereich abgegrenzt. Großzügige Wiesenflächen mit leichten Bodenmodellierungen laden zum Liegen, Grillen, Lesen, Träumen ... ein. Einzelne Erdskulpturen, land-river-urban-art Objekte etc. bieten locker verteilt zusätzliche Attraktionspunkte und nehmen Bezug auf die künstlerischen Nutzungen beim Faustgelände.

SPIEL-WIESE: Die südlichen Flächen der Fährmannswiese werden bereits als Spielbereich genutzt, was zusätzliche Elemente für Groß und Klein unterstützen. Der Geländesprung zur Ihme bietet sommers wie winters verschiedene spielerische Möglichkeiten. Der verlagerte Schiffsanleger, ein Bootsverleih, die Wasserskiwende, Ruderer etc. sind weitere Aktivitätspunkte.

TRIBÜNEN-UFER: Diese rege Betriebsamkeit lässt sich in aller Ruhe von Gegenüber erleben, wo sich breite „Rasenpicknickliegetribühnenplätze“ als Terrassenkeil einschneiden und die Aussicht freigeben auf den Fluss, die Aktivitäten am Lindener Ufer und im Sommer auf Freiluftkino/-bühne.

Die BAUWERKSNUTZUNGEN: Neu entstehende und vorhandene Bebauung bilden rund um das Quadrat Raum für unterschiedlichste Nutzungen. Neben Wohnraum für Singels, Paare und Familien finden sich spezielle Formen wie soziales, altengerechtes oder generationsübergreifendes und studentisches Wohnen. Gemeinnützige Einrichtungen wie Kinder-, Jugend-, Altentagesstätten, öffentliche Gemeinschafts- und Gruppenräume sowie kulturelle Möglichkeiten wie Theater, Ausstellungsräume etc. ergänzen das vom Faustgelände bekannte Angebot. Die neue Markthalle dient der Nahversorgung und nimmt vielfältige Gastronomie auf, welche das vorhandene Spektrum (Strandbar, Biergarten etc.) erweitert. Für sportliche Nutzungen steht außer dem Hochschulsport-Zentrum und dem umgebauten Ruderclub auch ein neues Badehaus, eine Kletterwand und weitere Einrichtungen zur Verfügung.

Die ACHSEN: Diagonal in das Glocksee-Quartier hinein ragt die Grotefendstraße - nun verlängert bis zur Justus-Garten-Brücke. Sichtbeziehungen zum alten Faust-Schornstein und zum modern-abstrakten Gerhard-Uhlhorn-Kirchturm machen neugierig. In die andere Richtung wird der Zugang neben der Roneburg zu einem Rad- und Gehwegekreuz am Leineuferweg geöffnet. Durch dichte Bebauung gefasst, öffnet sich die Achse am Quadrat unerwartet zu einem großzügigen Freiraum mit städtischem Platz zur Rechten und terrassenförmig zum Wasser abfallendem Gelände zur Linken. Von einem schwebendem Brückendeck aus, sind das gesamte Freiraumquadrat, die Flussmündung und die übrigen Attraktionen zu erblicken. Eine weitere, bereits jetzt bedeutsame Achse ist die Fußgänger- und Radverbindung aus Linden-Nord über die Fährmannswiese, die Justus-Garten-Brücke und weiter in den Grünzug entlang des Weddigenufers.

Mehr dazu:

"Das Üstra-Gelände der Zukunft", Hannoversche Allgemeine Zeitung, 15. April 2010 >Download